Freitag, 15. Juni 2007

Wizards 2.0

Es ist passiert, die Wizards of the Coast sind im Zeitalter des allgegenwärtigen Web 2.0 angekommen: Mit Gleemax wollen die Küstenmagier ein Mitmachportal für "Gamer" jeglicher Facon hochziehen. Auf der momentan noch ziemlich inhaltsfreien Website heißt es, dass Gleemax eine Kombination aus sozialem Netzwerk, Online Gaming und spielbezogenem Content werden soll.

Bezüglich des ominösen Web 2.0 sind die Meinungen bekanntlich geteilt. Die einen preisen die Segnungen des user-generated Content, während die anderen vor rechtlichen Unwägbarkeiten und einer neuen Dotcom-Blase warnen. Fakt ist aber, dass momentan mit dem Web 2.0 mehr Geld verdient wird als mit irgendeiner anderen Form von Internetdiensten - da scheint es nur logisch, dass Wizards of the Coast auf diesen Zug aufspringen wollen.

Um es mit den Worten unseres hochgeschätzten Altkanzlers zu sagen: Wichtig ist was hinten rauskommt. Ich persönlich vertrete die Meinung, dass in einem solchen Vorhaben enormes Potenzial steckt. Man kann nicht nur Onlinerunden in einer forenähnlichen Umgebung mit speziellen Features anbieten (Würfelfunktionen, Battlemaps, Handoutverwaltung, ...), sondern über das Social Network auch die Suche und Organisation von traditionellen Wohnzimmer-Spielrunden unterstützen und vereinfachen. Benutzer könnten Profile ihrer Charaktere anlegen, Kampagnentagebücher führen und, und, und...

Die Frage ist, inwiefern man bei WotC bzw. Hasbro bereit ist das nötige Geld in dieses Projekt zu investieren, denn eines ist klar: Eine umfangreiche Web 2.0 Plattform mit Funktionen, die einen echten Mehrwert für den Benutzer darstellen, lässt sich nicht für ein paar Tausend Dollar über Nacht aus dem Boden stampfen. Das verbreitete Klischee vom Web 2.0 Millionär, der während seines Informatikstudiums eine geniale Anwendung entwickelt und damit stinkreich geworden ist, trifft nämlich leider nur auf einige wenige Ausnahmefälle zu. Grundsätzlich könnte Gleemax eine große Sache werden, doch bis dahin wird sicher noch eine Weile vergehen. Ich bleibe auf jeden Fall gespannt wenn auch nicht ganz unskeptisch und werde die Entwicklung dieses Vorhabens hier auch in Zukunft kommentieren.

Mittwoch, 6. Juni 2007

Der älteste Rant der Welt

Auch wenn der Neuheitswert dieses Beitrags nicht gerade überwältigend ist, muss ich an dieser Stelle etwas loswerden. Wir kennen ja alle das alte Ressentiment, dass D&D eine Munchkin-System sei. Diese von Ignoranz geprägte Aussage wurde schon vielfach zu wiederlegen versucht, und auch ich bin bei diesem Thema recht mitteilungsbedürftig.

Zunächst mal zur Begriffsklärung Munchkin vs. Powergamer. Ein Munchkin ist in der Regel jemand, der versucht, die Regeln eines Spielsystems soweit zu biegen und bis an die Grenzen zu interpretieren, so dass er damit Dinge anstellen kann, die das System sprengen und seinen Charakter mächtiger machen als alle anderen. Der Munchkin schreckt dabei nicht vor Betrugsversuchen zurück und ist auch bereit die Regeln zu brechen, solange dies für ihn von Vorteil ist und es niemand bemerkt, weil er zum Beispiel ein tolles neues Sourcebook hat, das in der Gruppe sonst keiner kennt (Hinweis: Wer als Spielleiter Dinge zulässt, die er selbst nicht kennt ist sowieso selbst Schuld).

Der Powergamer hingegen bewegt sich bewusst innerhalb der Regeln des Systems und versucht diese Regeln so zu kombinieren, dass dabei ein möglichst gutes Ergebnis herauskommt. Er geht systematisch vor und hat Spaß daran, die Möglichkeiten des Systems auszureizen.

Vergleicht man diese beiden Begriffe mit dem Fußball, so wäre ein Munchkin wohl am ehesten ein Spieler, der bewusst foult, wenn der Schiedsrichter nicht hinsieht und sich selbst beim leisesten Kontakt mit dem Gegenspieler auf den Rasen fallen lässt, um dadurch einen Vorteil zu erhalten. Der Powergamer hingegen ist daran interessiert seine eigene Leistung zu verbessern und dem Gegner ein faires Match zu liefern. Er ist ehrgeizig und gewinnorientiert, achtet aber Gegner und Regeln. Nun mögen einige sagen, dass man Rollenspiel nicht mit Fußball vergleichen kann. Diesen Punkt möchte ich zunächst hinten anstellen und eine wichtige Festsstellung treffen:

D&D bietet ein sehr systematisch aufgebautes Regelwerk, das vergleichsweise wenige Lücken aufweist, die sich für wirklich extreme Konzepte eignen. Es gibt natürlich ausnahmen, wie z.B. das unsägliche Book of Nine Swords, aber insgesamt ist das System relativ konsistent und weitgehend frei von groben Designfehlern. Dies bedeutet, dass Munchkinism in D&D sehr schwierig ist, vorausgesetzt der Spielleiter kennt die Regeln und ist in der Lage Schummlern den Marsch zu blasen. Gleichzeitig bietet D&D eine gewaltige Menge an Optionen bei der Charakterentwicklung. Wer deshalb sagt, D&D sei ein Munchkin-System, der liegt falsch. Wer hingegen sagt, D&D wäre ein Powergamer-System, der hat Recht.

Nun ist der Begriff "Powergamer" zumindest hierzulande noch immer äußerst negativ belegt. Ein Powergamer ist nach allgemeinem Verständnis grundsätzlich einer, der den "wahren" Sinn des Rollenspiels nicht begriffen hat, der ja bekanntlich darin besteht, in schwülsitgem In-Character-Sprech die vom (meist männlichen) Spielleiter dargestellte Schankmaid zu becircen. Der Powergamer hat daran kein Interesse, bzw. wahrscheinlich ist sein Horizont respektive Intellekt einfach nicht ausreichend für den Aufstieg in den Olymp der wahren Rollenspiels.


Um aber den Bogen zurück zu D&D zu schlagen: Einige Fans des Systems stellen zu Recht fest, dass das Vorhandensein eines powergamingtauglichen Regelwerks das Becircen der Schankmaid nicht ausschließt. Man kann auch in D&D diesen Spielstil pflegen und damit eine Menge Spaß haben. Ich hingegen behaupte, dass nichts, aber auch gleich gar nichs, falsch ist, wenn man Spaß am reinen, ehrlichen, Powergaming hat. Dafür ist D&D geradezu optimal geeignet. Die Vielfalt der Optionen, gepaart mit der Konsistenz des Systems schaffen den optimalen Nährboden dafür, sich in dieser Richtung auszutoben. Wer damit nichts anfangen kann, der muss nicht D&D spielen - es gibt genügend andere Systeme, die besser für andere Spielstile geeignet sind.

Nun gibt es noch diejenigen, die an dieser Stelle rufen: "Ja, aber das ist doch kein Rollenspiel mehr!" Dem kann ich entgegensetzen, dass die allgemeingültige dogmatische Definition des Begriffs "Rollenspiel" nach wie vor nicht vorliegt. Davon abgesehen, ist es ein kleines bisschen absurd, dem ersten Rollenspielsystem überhaupt vorzuwerfen, es hätte mit Rollenspiel nichts zu tun.

In diesem Sinne gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass diejenigen irgendwann mal die Klappe halten, die keine Ahnung haben und nur unreflektiert das nachplappern, was gewisse selbsternannte "Autoritäten" mit selbst zugeschriebener Deutungshoheit über den Sinn des Rollenpiels an geistiger Umweltverschmutzung zu diesem Thema produzieren.

Sonntag, 3. Juni 2007

...und der Tempel des Todes - Teil IV


Nach einer längeren Pause wollen wir heute endlich mit der Gestaltung unseres kleinen Verlieses fortfahren. Inzwischen sind die Bodenpläne für die erste unterirdische Ebene abgeschlossen, den zweiten Teil der Karte findet ihr hinter dem Link auf dem Thumbnail.

Wir stellen zunächst einmal fest, dass die Verliesebene ziemlich groß ist - deutlich größer als der überirdische Teil des Tempels, den wir in den ersten drei Folgen dieser Serie ausgearbeitet haben. Tatsächlich wird diese Ebene auch die größte bleiben.

Zum Hintergrund: Die erste Verliesebene beherbegte vor langer Zeit die unterschiedlichsten Einrichtungen - Schlafgemächer der Priester und Akolythen, Lagerräume, Speisesäle, Bibliotheken etc. pp. Hier tummelten sich die niederen Ränge der geistlichen Belegschaft, die Diener und die Sklaven. Zentrum der Ebene ist eine große Kulthalle (Gebiet 68). Die Ebene wurde teilweise künstlich angelegt, teilweise handelt es sich aber auch um natürliche Höhlen, die von den Schlangenmenschen beim Bau des Tempels genutzt wurden. Im nordöstlichen Teil gibt es außerdem einen Zellentrakt, in dem die Schlangenmenschen ihre Gefangen eingesperrt haben.

Dieser Trakt ist inzwischen weitgehend leer. Allerdings haben die Kobolde einen halb wahnsinnigen alten Piraten namens Avery "Silver Gaze" Sperling gefangen, der in den Korridoren des Tempels herumgeschnüffelt hat. Die Kobolde wissen noch nicht genau, was sie mit dem merkwürdigen Kauz anstellen sollen und halten ihn deshalb seit einigen Wochen gefangen. Tatsächlich war Captain Andrews auf der Suche nach dem sagenumwobenen Edelstein, auf dessen Fährte auch die SC in den Tempel gekommen sind. Andrews kann in späteren Abenteuern als Aufhänger und/oder Rivale der Gruppe auftreten (abhängig davon, ob die Helden ihn befreien oder nicht). Er ist chaotisch neutral und deshalb recht unberechenbar, was ihn zu einem interessanten Gegner machen könnte.

Doch nun zum eigentlichen Thema dieser ersten unterirdischen Ebene: Wie bereits angemerkt wird es sich bei ihr um die größte Ebene des Verlieses handeln, die zusätzlich als Puffer zwischen dem überirdischen Teil der Ruine und dem Inneren Sanktum fungiert. Letzteres ist nochmal ein Stockwerk tiefer zu finden und beherbergt unter anderem einen Drachenhort, in welchem der Showdown stattfinden wird (wir erinnern uns: Die Kobolde beten einen jungen Gründrachen als Gott an).

Damit das mit dem Puffer ordentlich funktioniert, ist der Zugang zum Inneren Sanktum zunächst versperrt. Die Treppe, die nach unten führt befindet sich hinter der großen Tür in Gebiet 32. Nun ist es so, dass der Raum mit einer Rätselfalle bestückt ist, die zunächst überwunden werden muss, bevor die SC tiefer in den Tempel eindringen können. Diese Falle ist inspiriert vom dritten Teil der Indiana-Jones-Trilogie, in der Indy einen Raum überwinden muss, in dem der Boden aus Steinplatten mit unterschiedlichen Buchstaben besteht. Der furchtlose Archäologe muss das richtige Wort auf den Boden "schreiben", andernfalls läuft er Gefahr, in einen grausamen Tod zu stürzen.

Unsere Falle ähnelt dieser Szene dahingehend, dass der Bereich zwischen den Säulen in Gebiet 32 ebenfalls aus mit Schriftzeichen bedeckten Bodenplatten besteht. Auch hier müssen die SC einen bestimmten Weg über die Bodenplatten einschlagen, um einerseits die tödliche Falle nicht auszulösen, andererseits das massive Fallgitter auf der anderen Seite des Raumes zu öffnen. Dieses Fallgitter besteht nämlich aus massivem Adamant hat eine Härte von 20, 80 Trefferpunkte und dürfte für die Spielercharaktere nicht anders als durch Lösung des Rätsels zu überwinden sein (man bedenke: der gefürchtete Zauber Klopfen hat keine Auswirkungen auf Fallgitter und der SG zum Anheben des Fallgitters ist mit 40 wohl weit außerhalb dessen, was die SC erreichen können).

Wie also sieht das Rätsel genau aus? Wie gesagt gibt es in diesem Raum 30 Bodenplatten mit unterschiedlichen Symbolen darauf. Es gibt genau einen richtigen Weg durch den Raum, jeder Fehler löst die Falle aus. Sobald einer der Charaktere eine richtige Bodenplatte betritt, beginnt einer von insgesamt sechs großen grünen Edelsteinen im Rahmen des Fallgitters an zu leuchten (begleitet von sphärischem Flirren). Sobald alle sechs Edelsteine leuchten, erhebt sich rasselnd das Fallgitter und die Gruppe erhält Zutritt zum Inneren Heiligtum. Tritt ein Charakter dagegen auf eine falsche Bodenplatte, so bricht die Hölle los:

Die Eingangstür des Raumes (eine Steintür mit einer Härte von 8 und 60 Trefferpunkten schließt sich innerhalb einer Runde, anschließend beginnen die Reliefs in Form angriffslustiger Kobras, welche die Wände bedecken, sich zu bewegen. Für 5 Runden schießen nun aus den Mäulern von jeweils drei zufällig ermittelten dieser Schlangen Strahlen grüner Flüssigkeit, bei der es sich um ein starkes Kontaktgift handelt (Line Effect, Contact Poison, Reflex DC 16 avoids, Fort Save DC 16, primary and secondary damage 1d4 Con).

Nun müssen die SC also herausfinden, in welcher Reihenfolge sie über die Fliesen laufen müssen, um das Rätsel zu lösen und die nächste Verliesebene zu öffnen. Aus diesem Grund sind über die gesamte Ebene Steintafeln verteilt, auf denen jeweils ein Symbol sowie ein kurzer Rätseltext zu sehen ist. Diese Steintafeln befinden sich in den Gebieten 29, 35, 38, 45, 68B und 68C.

Die Texte beinhalten jeweils eine kurze Beschreibung eines der Reiche aus dem Wiedergeburtszyklus des Schlangengottes Yig, für den ich mich beim buddhistischen Samsara-Zyklus bedient habe. Die SC müssen zunächst die Texte entziffern (die in der Sprache des gefallenen Imperiums von Valossa verfasst sind), anschließend müssen sie über Knowledge (Religion), Kombinationsgabe und weitere Hinweise, die ich in Schriftrollen und Büchern platzieren werde, die richtige Reihenfolge ermitteln. Das Gute an diesem Rätsel ist, dass ich auf diese Weise auch die Möglichkeit habe, die Kultur des versunkenen Valossa mit ein wenig Farbe und Textur zu versehen.

Soviel zu dem roten Faden, der sich durch diese Verliesebene ziehen wird. Davon abgesehen soll es natürlich auch hier wieder eine Reihe spannender Begegnungen geben. Die SC werden hier auf mehr Kobolde treffen, die teilweise evtl. Klassen als Cannon Fodder haben werden. Eine besonders gefährliche Begegnung könnte in Gebiet 41 stattfinden, wo die Gruppe auf eine grüne Halbdrachen-Wächterechse treffen werden.

Ansonsten werde ich diverse Fallen auf der Ebene verteilen und mich dabei von Dungeonscape inspirieren lassen. Als kleines Schmankerl treffen die SC auf dieser Ebene außerdem auf eine weitere Fraktion: In den Gebieten 37, 39 und 40 hat sich eine Expedition vom Esoterischen Orden der kosmischen Weisheit niedergelassen, eine Splitterfraktion der Magiergilde von Freeport, die einen Kult um ein Wesen betreiben, das sie das "kriechende Chaos" nennen. Tatsächlich gibt es in dem Verlies Verbindungen zu einer merkwürdigen Paralleldimension voller tentakelbewährter Scheusale. Diese Verbindungen befinden sich einerseit in Gebiet 36, wo sich hinter einer Geheimtür ein Korridor mit einem violett wirbelnden Portal befindet. Der zweite Zugang ist ein bodenloses Loch in Gebiet 56, in dem einige Grells hausen, und an dessen Grund sich ein weiteres Portal befindet. Diese Portale führen auf eine Halbebene, die von Wahnsinn, Chaos und Tentakeln beherrscht wird. Dieser Teil des Abenteuers ist rein optional und wird mit einigen unorthodoxen Belohnungen aufwarten, falls die SC diesen Teil des Dungeons erkunden wollen.

Da es sich bei den Kultisten des esoterischen Ordens teilweise um in Freeport relativ bekannt Personen handelt, wird es vor der Reise zum Tempel möglich sein, Hinweise auf diese Expedition zu erhalten. Eventuell wird es auch das eine oder andere Sidequest in Bezug auf die Expedition geben, allerdings bin ich in diesem Punkt noch unentschlossen (und habe keine konkreten Ideen).

Soviel fürs Erste, sobald ich mehr Zeit habe, geht es weiter.